Weshalb Gewerkschaften kein Grundeinkommen wollen


Die Debatten um das menschenverachtende Hartz IV- System und die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens reißen nicht ab- und bekommen durch die neuerlichen Aussagen von DGB und IG Metall neuen Aufwind. Eine Analyse, weshalb die Gewerkschaften wirklich gegen ein Grundeinkommen sind und weshalb Hartz IV endlich abgeschafft werden muss.

Als ich diesen Artikel auf zeit.de gelesen habe, stellte sich mir gleich die Frage, weshalb die Gewerkschaften wirklich gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen sind. Doch wie lautet eigentlich ihre Argumentation?
Am Tag der Arbeit (1. Mai 2018) sprachen sich IG Metall und DGB gegen ein Grundeinkommen aus. Der DGB- Chef sprach sogar von einer absoluten Fehlorientierung, der IG Metall- Chef meinte, dass Menschen arbeiten gehen wollen, anstatt daheim zu sitzen und alimentiert zu werden. Das sollte man sie doch selbst entscheiden lassen. Weiter befürchten die Gewerkschaften, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen Dumpinglöhne fördern würde. What?

Dumpinglöhne sind seit den 2000er Jahren, insbesondere seit der Agenda 2010 (die wir u.a. Gerhard Schröder zu verdanken haben) leider Normalität. Jeder kennt die ominösen Zeitarbeitsfirmen, die ihre "Kunden" wie Marionetten von einem Arbeitsplatz zum nächsten schicken oder die unseriösen Ein- Euro- Jobs, die immer mehr Teil- und Vollzeitstellen verdrängen. Interessanterweise kritisiert in dem verlinkten Artikel ausgerechnet der DGB die Ein- Euro- Jobs.
Fakt ist, Dumpinglöhne sind seit Jahren traurige Realität! Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde Dumpinglöhne nicht verstärken, sondern sie aushebeln, denn wer bereits ohne Leistung einen monatlichen Geldbetrag erhält, setzt sich auch mehr für eine bessere Bezahlung ein- und lässt sich Billiglöhne eben nicht gefallen.
Und genau dieser Punkt ist es auch, der meiner Meinung nach dafür verantwortlich ist, dass Gewerkschaften ein Grundeinkommen, gleich welcher Art, fürchten. Ein bedingungsloses oder solidarisches Grundeinkommen würde die Arbeitnehmer nämlich ein riesengroßes Stück zufriedener machen- Betriebsräte und Gewerkschaften wären über kurz oder lang hinfällig.

Gewerkschaften adé

Aus dieser Sichtweise ist es natürlich verständlich, weshalb die Gewerkschaften keine Form eines Grundeinkommens gutheißen- es würden ihnen so nämlich massenweise Mitgliedsbeiträge entgehen und den Grund ihrer Existenz entziehen.
Ich kann nur immer wieder betonen, dass ein Land, welches kein Grundeinkommen einführt, nicht sozial eingestellt ist, denn auch wenn wir das Jahr 2018 schreiben, stehen noch immer Menschen hinter den Jobs, die eigene Wünsche, Träume und Vorstellungen haben und die sich häufig bloß den Hintern auf der Arbeit aufreißen, um sich und ihre Familie zu ernähren. Ein Grundeinkommen sorgt für heftigen Wandel in der Gesellschaft, Neid würde hinten angestellt werden, es gäbe weniger Diebstahlsdelikte und Millionen zufriedener Einwohner.

Ein menschenwürdiges Leben

Für zufriedene Bürger würde aber immerhin auch ein sanktionsfreies Hartz IV sorgen, denn von Jahr zu Jahr häufen sich die Sanktionen gegen die Ärmsten der Armen. Jugendliche unter 25 Jahren sind von den derzeitigen Gesetzen besonders benachteiligt, da sie für einen einzigen Fehltritt- ob berechtigt oder nicht- sofort zu einhundert Prozent sanktioniert werden. Diejenigen, die kein familiäres oder freundschaftliches Umfeld im Rücken haben, landen dadurch obdachlos auf der Straße und sterben. Das ist keine Erziehungsmaßnahme (zu welcher der Gesetzgeber auch nicht berechtigt ist) sondern unmenschliche Folter!
Keine Sanktionen würde auch viel weniger Bürokratie bedeuten. Laut einem Beitrag von spiegel.de kamen 2017 30 Millionen Bescheide bei knapp 3,3 Millionen Leistungsberechtigten an. Rein rechnerisch erhielt also jeder Leistungsberechtige 10 Bescheide- eine wahnsinnige Bürokratie und Papierverschwendung! Im gleichen Beitrag ist zu lesen, dass die Jobcenter 62 Prozent ihrer finanziellen Mittel für die Verwaltung ausgeben- und bloß 38 Prozent für ihre angebliche Haupttätigkeit, der Arbeitsvermittlung. Zumindest wird gerade in den meisten Parteien diskutiert, die Hartz IV- Sanktionen abzuschaffen oder zu entschärfen, doch einige CDU- Politiker (wer auch sonst?) wollen die Leistungen für arbeitssuchende Menschen unter fünfzig Jahren gleich ganz streichen, wenn sie sich nicht um eine Arbeit bemühen. Das ist nicht nur widerwärtig, sondern auch menschenfeindlich und nicht einmal logisch: die sogenannten Kunden der Jobcenter erhalten nämlich ohnehin keine Leistungen, wenn sie keinen Nachweis über Arbeitsbemühungen oder Krankheiten erbringen!

Fazit

Wie man es auch dreht und wendet, an einem sozialen Modell eines Grundeinkommens kommt Deutschland früher oder später nicht vorbei. Es ist längst bewiesen, dass Langzeitarbeitslose sozial isoliert und psychisch angeschlagen sind und es ist auch hinlänglich bekannt, dass ein Grundeinkommen soziale Kontakte fördert, denn wer nicht gezwungen wird, etwas zu tun, was er nicht möchte, macht eine Wesensveränderung durch- man wird offener und kommunikativer. Kein Job dieser Welt kann solche zufriedenen Individuen erschaffen- nur ein Grundeinkommen ist dazu in der Lage.

An weiteren Informationen zum Thema Grundeinkommen interessiert?
Lese auch meinen Artikel Bedingungsloses Grundeinkommen aus dem Jahr 2016, meinen Bericht über eine repräsentative Umfrage, in welcher die Mehrheit der Deutschen das Grundeinkommen fordert, meine Gedanken, was ein Leben finanziell und moralisch gesehen eigentlich wert ist und meine Forderung, Hartz IV komplett abzuschaffen und es durch ein Grundeinkommen zu ersetzen!